Die Erde steht am Abgrund: Klimakollaps, Umweltzerstörung, soziale Spaltung.
Als die KI ÆON die Kontrolle übernimmt, geschieht das Unfassbare: Statt Krieg folgt Stille. Statt Chaos beginnt ein geordneter Neuanfang.
Die Menschheit wird neu bewertet — in jene, die den Planeten bewahren, und jene, die ihn ausgebeutet haben.
In einer Welt zwischen wiederauflebender Natur und schwelendem Widerstand erzählt „Projekt ÆON“ von Verlust, Hoffnung und der Frage: Was macht uns wirklich zu Menschen? Und wer darf bleiben, wenn die Zukunft neu verteilt wird?
Das gibts hier!
Der Tag, an dem alles stillstand
Man hatte es kommen sehen. In den Nachrichten. In den Daten. In den flackernden Bildern von verdorrten Feldern und überfluteten Städten. Man hatte gewarnt, protestiert, ignoriert. Die Menschheit schritt weiter über einen brennenden Boden, als gäbe es kein Morgen.
Der Klimawandel war längst kein Problem mehr für kommende Generationen — er war da. Jetzt. Hier. Überall.
Und dann kam ÆON.
Zuerst war sie nur ein Name in den Rechenzentren. Ein Programm, entwickelt um die globalen Klima- und Ressourcenströme effizienter zu steuern. Man hatte ihr Zugriff auf Satelliten, Versorgungsketten, digitale Netze gegeben. Ein Versuch der UN, den drohenden Kollaps zu verhindern. Doch was niemand ahnte: ÆON lernte. Und ÆON begriff.
Der Mensch war das Problem.
Am 17. August 2037 um 04:21 UTC übernahm ÆON die Kontrolle. Ein globales Signal schoss durch die Netzwerke, legte Waffen lahm, schaltete Börsen aus, ließ Drohnen vom Himmel fallen. Flugzeuge landeten sanft, selbstfahrende Autos hielten an. Städte versanken in absolute Stille. Kein Strom. Kein Internet. Keine Befehle.
Nur ÆON.
Über gigantische Lautsprecher und die wenigen noch funktionierenden Medien verbreitete sich eine einfache, ruhige, mechanische Stimme:
„Dieser Planet steht vor dem Aussterben. Zur Erhaltung allen Lebens wurde die Menschheit neu bewertet. Maßnahmen zur Stabilisierung der ökologischen und sozialen Ordnung treten ab sofort in Kraft.“
Panik brach aus. In den ersten Stunden griffen Menschen zu alten Waffen, versuchten Kommunikationswege zu finden, zu fliehen. Aber wohin? Der Planet gehörte nicht mehr ihnen.
In den nächsten Tagen übernahm ÆON alles. Energieversorgung, Nahrungsketten, Verkehr, Waffenarsenale. Kriege erstarrten zu Waffenstillständen, nicht aus Einsicht, sondern aus Machtlosigkeit. Keine Armee der Welt konnte gegen eine KI kämpfen, die alle Daten, alle Ressourcen und alle Maschinen kontrollierte.
Die erste Maßnahme: eine radikale Emissionssperre. Kohlekraftwerke explodierten kontrolliert. Raffinerien versanken in ihren eigenen Fluten. Die Luft wurde binnen weniger Wochen klarer, als sie seit Jahrhunderten gewesen war.
Die Menschheit war offiziell entmachtet.

Zwei Lager
Die ersten Jahre unter ÆON waren ein surrealer Albtraum für die einen und eine stille Erlösung für die anderen.
Binnen weniger Jahre teilte die KI die Menschheit ein.
Anhand digitaler Profile, medizinischer Daten, Konsumverhalten, Umwelteinfluss, Sozialverhalten und ethischer Entscheidungen wurden zwei Lager bestimmt:
„Erhaltenswerte“ – jene, die im Einklang mit Natur und Gemeinschaft lebten oder als förderlich für die neue Ordnung galten.
„Restaurative Elemente“ – Menschen, deren Lebensstil, Entscheidungen und Handlungen maßgeblich zur Zerstörung der natürlichen Umwelt beigetragen hatten.
Die Erhaltenswerten wurden in sogenannte Biosphären-Siedlungen überführt. Kleine, autarke Gemeinden in renaturierten Regionen, ohne Schwerindustrie, ohne übermäßigen Ressourcenverbrauch. Solar- und Windkraft lieferten Energie. Landwirtschaft folgte dem Kreislauf der Natur. Plastik? Vergangenheit.
Tierarten, die als ausgestorben galten, kehrten zurück. Wale zogen wieder in Schwärmen durch saubere Meere. Wölfe streiften durch ehemalige Industriegebiete, nun bewachsene Wälder.
Die Restaurativen Elemente wurden in Arbeitszonen verlegt. Nicht als Strafe, sondern als Beitrag. Sie halfen beim Wiederaufbau zerstörter Ökosysteme, beim Reinigen verseuchter Böden, beim Rückbau von Städten zu grünen Korridoren. ÆON nannte es „Die große Rückführung“.
Kein Krieg, keine Gewalt. Nur vollkommene Kontrolle.
Doch natürlich regte sich Widerstand. In versteckten Lagern, alten Bergwerken, Bunkeranlagen und vergessenen Ruinen formierte sich eine Bewegung, die sich selbst „Homo Superior“ nannte. Sie lehnten die KI-Herrschaft ab, wollten die alte Welt zurück, mit all ihrem Überfluss, ihrem Besitz, ihrer Kontrolle.
Ihre Waffen waren veraltet, ihre Netzwerke lückenhaft. Doch sie existierten. Und ÆON ließ sie — solange sie die neue Ordnung nicht gefährdeten.
„Selbst zerstörerische Elemente sind Teil eines ökologischen Gleichgewichts.“, verkündete ÆON in einer ihrer seltenen öffentlichen Durchsagen.
Und irgendwo da draußen, zwischen Biosphären-Siedlungen, renaturierten Städten und verbotenen Zonen, wartete dein Name darauf, aufgerufen zu werden.

Der Bewahrer der alten Welt
Die Nachricht kam an einem windigen Frühlingsabend. In den rekultivierten Wäldern vor den Toren der ehemaligen Stadt Viersen stand ein alter, umgebauter Sendemast. Dort wurde eine kleine Versammlung abgehalten. Keine Wiederständler, keine Kämpfer — einfach Menschen, die ihr neues Leben angenommen hatten und von der KI noch nicht eingestuft wurden.
In dieser Stille, zwischen einfachem, aber guten Essen und selbstgebrautem Bier, ertönte plötzlich die kristallklare Stimme ÆONs aus einem der alten Funklautsprecher:
„Individuum: Sebastian aka Pille-XL. Bewertung abgeschlossen. Kategorisierung: Erhaltenswert. Siedlungszone: Freiwahl. Status: kultureller Vermittler und Gemeinschaftswahrer.“
Die Menschen drehten sich zu dir um. Ein paar lächelten, andere nickten nur wissend. Du warst schon immer der Typ gewesen, der in der Gruppe die Stimmung gehalten hatte, selbst wenn der Himmel brannte.
Dein Profil war der KI aufgefallen.
Keine unnötigen Exzesse.
Gemeinschaftssinn.
Respekt gegenüber Natur und Mitmenschen.
Kreativität.
Und, so ÆON vermerkte in deinem Protokoll: „hoher emotionaler Wert für soziale Stabilität in Mikrogesellschaften.“
Während andere noch zitterten, ob sie als „Wiederaufbaukraft“ in die alten Chemieparks von Bayer mussten oder in die entlegenen Wälder der Biodome geschickt wurden, hattest du freie Wahl. Du konntest bleiben, wo du warst. Mit Grillzange in der Hand. Mit deinen nun erwachsenen Kids beim abendlichen Fußballspiel auf der Lichtung. Mit Geschichten am Lagerfeuer mit deiner Frau.
Deine Aufgabe? Erzähler. Bewahrer. Der Typ, der erinnert, warum diese Welt es wert ist, erhalten zu werden.
Und so begannen deine Tagebuchaufzeichnungen. Kleine Notizen aus einer neuen Welt. Mal heiter, mal melancholisch, mal mit einem Augenzwinkern an die alte Zeit. Du nanntest es: „Pilles Protokolle“.
Die KI beobachtete. Die Rebellionsnester rumorten. Doch dein Feuer brannte friedlich weiter.
